Schaff dir Raum dazwischen

Erinnerst du dich an deinen letzten Urlaub? Das Gefühl von: “Endlich loslassen, durchatmen, Raum haben!” Der Druck der intensiven Arbeitswochen davor fällt von dir ab und du kannst entspannen und neue Kraft sammeln. “Diese Kraft wirst du brauchen”, sagt eine leise Stimme im Hinterkopf.

Das Arbeitspensum ist hoch.

Und es wird immer mehr, egal, wohin man schaut. Woran liegt das? Jahr für Jahr hören wir uns selbst sagen: “Also letztes Jahr war es ja schon viel, aber dieses Jahr…”. Unsere Arbeitswelt ist geprägt von Effizienzdenken – gerade in Zeiten der Digitalisierung. Wie können wir noch schneller, noch effizienter arbeiten, noch mehr schaffen?

Wir hasten durch unser Arbeitsleben

Trotz dieser deutlichen Entwicklung hält sich ein Mythos beständig: Dass ein, zwei Wochen Auszeit alle paar Monate ausreichen, um den Stress, den Druck, die Last des Arbeitsalltags auszugleichen und anschließend mit voller Kraft weiterzumachen – bis zum nächsten Urlaub.

Ich kenne viele Menschen, die sich so von Urlaub zu Urlaub hangeln. Ganz nach dem Motto: durchpowern, Akku aufladen, und weitermachen! Das Risiko, das ich dabei sehe: Sie hasten durch ihr (Arbeits-)Leben, ohne Zeit innezuhalten, sich zu sammeln und zu überlegen:

Tue ich eigentlich noch die richtigen Dinge? Verfolge ich noch meine eigentlichen Ziele?

Die kleinen Freiräume, die wir uns durch noch mehr Effizienz verschaffen, werden schnell mit neuen Aufgaben gefüllt. Wenn dann noch etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt, wird es meistens eng.

Mehr Raum dazwischen statt mehr Effizienz

Alles in unserem Leben ist Raum dazwischen. Die Atome in unserem Körper bestehen zu 99,99% aus Nichts. Unsere Zellen brauchen Raum, um zu schwingen. Und auch das Newton’sche Kugelpendel kann nur deshalb von einer Seite zur anderen ausschlagen, weil es Raum hat. Es ist dieser Raum dazwischen, der uns beweglich und handlungsfähig macht.

Ich möchte dich einladen, dir diesen Raum dazwischen wiederzuholen. Die folgende Übung ist einfach und sehr wirksam.

Übung: Leg dir die Karten neu

  1. Ich beginne diese Übung gern damit, mich in mein entspanntes, gelassenes Urlaubs-Ich zurückzuversetzen. Die Version von mir, die mit gesundem Abstand und einer Portion Weitblick auf meinen Arbeitsalltag schauen kann.
  2. Anschließend lasse ich mein Urlaubs-Ich auf die Termine der kommenden zwei Wochen in meinem Kalender schauen. Diese Termine schreibe ich auf Kärtchen und lege sie vor mir auf den Tisch. Oft schreibe ich noch Kärtchen mit anderen Themen, in die ich Zeit investiere – das können auch private Themen sein.Wenn du selbständig bist, könntest du für dich überlegen: Welche Projekte und Themen liegen bei dir gerade auf dem Tisch (du hast Kundenprojekte, bist nebenbei Speaker, willst ein Buch schreiben und besuchst außerdem noch Fortbilden zu xyz).Wenn du eher ein zentrales Thema hast und trotzdem einen vollen Kalender (z.B. als LeiterIn der Finanzabteilung): Welche Termine verstopfen deinen Kalender.
  3. Schau dir deine Karten sorgfältig durch und überlege: Was davon ist dir wirklich wichtig? Was ist eigentlich Quatsch, was kannst du loslassen? Und was befindet sich irgendwo dazwischen?
  4. Nun beginne damit, die “Irgendwo dazwischen”-Kärtchen zu verschieben auf den linken Stapel (wichtig) und den rechten Stapel (unwichtig).
  5. Anschließend entscheide dich dafür, 10% – 20% der Unwichtig-Kärtchen wegzunehmen. Welche wären das für dich?


Mir fällt dieses Streichen nicht immer leicht. Was mir dabei hilft, ist die Überlegung, was durch diesen neu gewonnenen Raum möglich werden wird in meinem Leben. Was fehlt dir vielleicht gerade in deinem Leben? Wofür möchtest du eigentlich häufiger Zeit haben? Mal die Kinder von der Schule abholen, ein spontanes Treffen mit einer Freundin, raus gehen und dich bewegen…

Der Freiraum, den ich mir mit dieser Übung zurückerobere, lässt häufig ein wunderbares Gefühl von Leichtigkeit und Zuversicht in mir entstehen. Und Vorfreude auf die Themen, mit denen ich meinen Raum als Mensch in Zukunft nutzen möchte.