Vielleicht liegt es am Älterwerden. Vielleicht an der Zeitqualität.

Ich spüre immer häufiger: Ich sehne mich nach echten menschlichen Verbindungen. Gesehen werden, so wie ich bin. Nicht als Rolle oder Personal Brand, sondern als Mensch. Und noch wichtiger: selber sehen. Nicht durch die Linse eines Filters, sondern mit dem Herzen.

Und genau deshalb spüre ich in letzter Zeit eine wachsende Irritation gegenüber dem, was ich die Inflation der Sichtbarkeit nenne.

„Werde sichtbar als Coach!“

„So knackt dein Profil den Algorithmus!“

„Sichtbarkeit ist alles!“

Social Media hat seine Berechtigung, keine Frage. Aber echte Sichtbarkeit? Die beginnt nicht bei LinkedIn, sondern im Wohnzimmer. In der Küche. Im Meeting. In der Stille nach einem guten Satz. Oder in einem echten Blickkontakt.

Inszenierung mit Beigeschmack

Ich erinnere mich an meinen Vortrag beim Greator Festival.
Schon etwas her, aber immer noch präsent.
Große Bühne, professionelle Organisation – alles da.
Nach dem Talk kam ein Veranstalter vorbei: Smalltalk, Selfie, weiter.

Was blieb?

Ein digitales Foto.
Ein Social Media Post.
Und das Gefühl, dass ich nicht wirklich gesehen wurde.

Digital sichtbar? Ja.
Menschlich verbunden? Nein.

Menschliche Begegnung ohne Etikett

Ein anderer Moment – erst vor kurzem: Meditationsretreat.

Kein Titel. Kein Status. Keine Agenda. Nur Menschen.

Menschen, die in der Stille gemeinsam auftanken. Pop-Up-Verbindung auf Zeit – und doch so tief. Ich bin nicht „Coach“ oder „Ex-McKinsey“. Ich bin einfach Stephanie.

In dieser Tiefe liegt etwas, das keine Bühne bieten kann: echte menschliche Verbindung und das wunderbare Gefühl, gesehen zu werden.

Sichtbarkeit in Coaching-Räumen

Ein ähnlicher Zauber entsteht jedes Jahr in unseren Coaching-PUR-Trainings.
Zwölf Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Vier mal drei Tage.
Ein Raum voller Präsenz, Wohlwollen, Wertschätzung und der Bereitschaft, einander zu sehen – wirklich zu sehen. Nicht vergleichen. Nicht bewerten. Sondern: stärken, verbinden, wachsen.

Und immer wieder frage ich mich: Was lässt diesen Zauber entstehen?

Vielleicht ist es genau das:

  • Ein sicherer Raum
  • Eine klare gemeinsame Intention
  • Begegnung ohne versteckte Agenda
  • Ein Blick, der bestärkt statt bewertet
  • Der Wunsch, zu wachsen – gemeinsam, nicht gegeneinander

Das alles braucht keine Likes, keine Follower, keine Klickzahlen.
Nur den Mut, sich zu zeigen, wohlwollend hinzuschauen, und das Herz am richtigen Fleck.

Wie können wir Sichtbarkeit neu denken?

Vielleicht ist es Zeit, das Wort Sichtbarkeit weiter zu fassen.
Nicht als etwas, das produziert werden muss – sondern als etwas, das entsteht, wenn wir bereit sind, uns zu zeigen. Ohne Etikett. Ohne Rolle. Einfach als Mensch.

Es geht nicht darum, digitale Sichtbarkeit schlecht zu reden. Sie hat ihren Platz.
Sie kann inspirieren, verbinden, Türen öffnen.

Und gleichzeitig darf daneben noch etwas anderes wachsen. Etwas, das leiser ist. Tiefer. Wahrhaftiger. Eine Sichtbarkeit, die nicht auf Reichweite zielt, sondern auf Resonanz. Die nicht performt, sondern verbindet. Die entsteht, wenn wir präsent sind – füreinander, miteinander.

Vielleicht ist das die Sichtbarkeit, nach der sich Menschen wie ich gerade besonders sehnen. Nicht in der Öffentlichkeit zu glänzen, sondern im Leben sichtbar zu sein.
Im echten Miteinander. Im kleinen Kreis. Im Alltag. Dort, wo wir wirklich zählen.

Für diese Art von Sichtbarkeit müssen wir nicht laut sein, sondern da sein – mit Herz, Haltung und Blick für den anderen.

Vielleicht beginnst du heute schon, diese neue Art von Sichtbarkeit in dein Leben zu lassen mit einem kleinen Moment echter Präsenz. Ein ehrlicher Blick. Ein echtes Gespräch. Ein bewusstes: Ich bin da.

Denn genau hier beginnt sie: Deine Sichtbarkeit als Mensch.

🛠️ Mini-Tool: Landkarte der Sichtbarkeit

Zum Abschluss eine kleine Einladung zur Reflexion – ganz einfach und tief zugleich.

✍️ So funktioniert’s:

Nimm dir 10 – 15 Minuten, ein Blatt Papier und einen Stift.

Schritt 1: Was sind deine Begegnungsräume?

Schreib 5 bis 7 Situationen oder Räume auf, in denen du mit anderen Menschen in Kontakt trittst, z. B…

  • Team-Meetings
  • LinkedIn
  • Freundeskreis
  • Retreats
  • Gespräche im Alltag
  • Coaching-Sessions
  • Familienzeit

Schritt 2: Stell dir für jeden dieser Räume drei Fragen:

  1. Wie sichtbar bin ich – und in welcher Rolle?
    Bin ich dort präsent als Mensch oder eher als Funktion?
  2. Werde ich dort gesehen – sehe ich andere?
    Was überwiegt – Senden oder echtes Wahrnehmen?
  3. Wie wirkt dieser Raum auf mich?
    Gibt er mir Energie oder kostet er mich Kraft?

Schritt 3: Deine persönliche Entdeckung

  • In welchen Begegnungsräumen und Situationen fühle ich mich wirklich verbunden?
  • Wo könnte ich mehr Präsenz wagen – mich zeigen, ganz ohne Performance?
  • Was wäre ein kleiner nächster Schritt, mit dem ich wirklich sichtbar werde?

Sichtbarkeit ist keine Aufgabe. Sie ist eine Einladung – zu zeigen, wer du wirklich bist.

Ich wünsche dir viele kleine Momente, in denen du dich nicht nur zeigst – sondern wirklich gesehen wirst. Und in denen du den Mut hast, andere zu sehen – mit dem Herzen.

Herzlichst
Deine Stephanie